Manchmal sind normale Restaurants einfach ein bisschen langweilig. Warum nicht mal ein wenig anders zu Abend essen? In einem Hochsicherheitsgefängnis in der toskanischen Stadt Volterra bereiten Mafiosi, Mörder und Bankräuber die Speisen zu und kredenzen sie vor mittelalterlicher Kulisse. Wen irritiert es da, dass die Kellner mit langen Fleischermessern und spitzen Gabeln werkeln?
Die im Jahr 1474 erbaute Fortezza Medicea von Volterra, umgeben von dicken, 20 Meter hohen Steinmauern, liegt in einer mittelalterlichen Trutzburg. Etwa alle zwei Monate dürfen die Insassen ein Festgelage für die Dorfbevölkerung zaubern: Rund 150 Gäste sitzen an Holztischen im mit Fackeln illuminierten westlichen Innenhof der Fortezza und bestaunen mit morbider Faszination die schweren Jungs in ihrer kuriosen Häftlingsuniform, bestehend aus einer dunklen Strumpfhose und einem rot-weißen Mittelalter-Wams. Zwischen den einzelnen Gängen verkürzen Musikgruppen, Feuerspucker und Stelzenläufer die Wartezeit.
Beruhigend: Diejenigen Schwerverbrecher, die als Kellner oder Koch gekürt werden, haben eine tadellose Gefängnisakte und fielen in jüngster Vergangenheit weder durch Fluchtversuche noch durch Aggression auf. Aber auch die Besucher werden handselektiert – bereits zwei Wochen vorher müssen sie sich mit ihrer Ausweisnummer anmelden. Bei einem einwandfreien Führungszeugnis gibt es eine Eintrittskarte mit einer Ziffer (denn heute haben die Gäste Nummern, während die Ober Luigi, Paolo oder Mario heißen); wer vorbestraft ist, darf nicht rein.
Die regelmäßig ausgebuchten Gelage im Hochsicherheitsknast stellen nicht nur einen Kulturaustausch zwischen drinnen und draußen dar, sondern die Häftlinge erlernen dabei einen Beruf, durch welchen sie später einmal eine Chance in der Arbeitswelt bekommen.