Tief in der Mecklenburgischen Provinz liegt der kleine Ort Parchim. Viele Pendler zwischen Hamburg und Berlin haben den Namen vielleicht schon einmal über die entsprechende Autobahnabfahrt an der A24 wahrgenommen, so richtig gemerkt hat ihn sich bisher wohl keiner. Das soll sich jetzt ändern, denn Parchim besitzt einen Rohdiamanten, der nun geschliffen werden soll: einen eigenen Flughafen mit einer 3.000 Meter langen Start- und Landebahn. Nun mag man sich fragen, wie denn ein Ort ohne nennenswertes Einzugsgebiet zu einem Flughafen kommt, auf dem wegen der entsprechend langen Landebahn sogar die größten Verkehrsflugzeuge wie eine Boeing 747 oder auch der neue Airbus A380 starten und landen können.

Die Antwort liegt in der früheren Nutzung des Geländes, das lange Zeit als Militärflughafen genutzt wurde, seit geraumer Zeit nun aber dafür nicht mehr benötigt wird. Wie bei den meisten ehemaligen Militärflughäfen auch, die sich nach Abzug der Militärs Hoffnung auf einen rasanten Aufschwung durch die Nutzung der zivilen Luftfahrt machten, konnten sich bisher aber keine Fluggesellschaften oder Reisekonzerne für den Abflughafen Schwerin-Parchim begeistern. Die meisten dieser Airports fristen seither ein tübes Dasein, nur wenige konnten bisher nennenswert für den Personen- oder Frachtflugverkehr erschlossen werden.

Das soll nun am Flughafen Schwerin-Parchim anders werden. Seit ein chinesischer Industrieller mit großen Visionen vor einigen Monaten den Flughafen in Parchim entdeckt hat, ist nichts mehr so, wie es mal war. Die nicht gerade von Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzvielfalt verwöhnte Region macht sich seitdem große Hoffnungen auf einen rasanten Aufstieg.

Jonathan Pang, so heißt der Hoffnungsträger aus dem Reich der Mitte, möchte nämlich aus dem Flughafen Schwerin-Parchim eines der größten Luftfrachtzentren in ganz Europa machen. Dazu hat er den Airport samt umliegender Felder und Gewerbeflächen kurzerhand für 30 Millionen Euro gekauft. Die Zahlung des Kaufpreises ist zwar noch nicht erfolgt und die notwendige Zustimmung zu diesem Projekt seitens der chinesischen Regierung steht auch noch aus, aber dem Tatendrang des Unternehmers tut das keinen Abbruch. Er weist gerne auf die hervorragenden Voraussetzungen des Airport Parchims hin, wie die für Großraumjets geeignete Landebahn, die 24 Stunden Betriebserlaubnis, die in ganz Deutschland außer Parchim nur vier weitere Flughäfen haben und ntürlich auf die Airline-Streckennetze von Asien nach Europa und Europa nach Afrika, die sich über Parchim vielfach kreuzen. Beste Bedingungen also, dass die Flugzeuge mit ihrer Fracht auch in Parchim landen können. Die wenigen Mitarbeiter des Flughafens wurden bereits von ihm übernommen und wenn es nach seinen Vorstellungen ginge, werden in wenige Monaten die größten Frachtflugzeuge der Welt in Parchim starten und der kleine Ort zum internationalen Drehkreuz der Luftfrachtindustrie mutieren.

Nun ist es noch nicht allzu lange her, dass die Bewohner und Politiker der Region vergleichbare Visionen für ihren schönen Flughafen gehört haben. Denn vor rund sechs Jahren wurde der Flughafen schon einmal an eine britische Investorenfirma verkauft, die sich hier das schnelle Geld versprach. Passiert ist allerdings nichts und die seither mit Unkraut zuwuchernden Parkplätze und leeren Terminals sehen eher wie eine verlassene Ruine aus. Die zuständigen lokalen Politiker bemühen sich nun, die Erwartungshaltung nicht zu hoch zu hängen. Allerdings hat es Herr Wang tatsächlich schon geschafft, dass mehrere Großraumfrachtmaschinen in Parchim gelandet sind, zuletzt vor wenigen Tagen eine Boeing 747 aus seiner Heimatstadt Zhengzhou, die verschiedene Artikel für Adressaten in ganz Europa geladen hatte.

Wenn die noch ausstehenden bürokratischen Hürden genommen werden sollten, könnten die Pläne von Herrn Wang also tatsächlich Wirklichkeit werden. Zu wünschen wäre es der Region und vor allem deren Bewohnern allemal.