Jahrelang kannten die Low Cost Airlines in ihrer Entwicklung nur eine Richtung: steil nach oben. Immer wieder neue Airlines entstanden und immer wieder neue Ziele – vorzugsweise zu kostengünstigen Randflughäfen – wurden in die Flugpläne aufgenommen. Durch die günstigen Preise, im Rahmen mancher Werbeaktion schon für unter einen Euro pro Strecke, wurde ein gänzlich neuer Markt geschaffen und Urlauber nutzten die preiswerten Offerten, um Reisen anzutreten, die ihnen ansonsten kaum in den Sinn gekommen wären. Mit ihrem aggressiven Auftreten ärgerten die Low Cost Airlines manche etablierte Airline und viele Fluggäste wunderten sich, dass auch diese durch die neue Konkurrenz auf einmal deutlich günstigere Preise anbieten konnten. Denn wo gab es früher schon einmal bei der Lufthansa oder anderen großen Fluggesellschaften Angebote für 99 Euro auf europäischen Strecken?

Der Marktanteil der Low Cost Airlines am gesamten Flugmarkt entwickelte sich in kurzer Zeit auf atemberaubende 30 Prozent und überraschenderweise meldeten zahlreiche Günstig-Fluggesellschaften trotz der niedrigen Flugpreise auch noch Gewinne am Ende des Jahres. Doch in den letzten beiden Jahren tauchten erste dunkle Wolken am bis dato so sonnigen Low Cost-Flughimmel auf. Kritische Berichterstattungen über allzu kreative Zusatzgebühren, die den tatsächlichen Flugpreis dann doch erheblich teurer machten, eine gewisse Sättigung bei den angebotenen Flugstrecken und nicht zuletzt die Einführung der Luftverkehrssteuer in Deutschland zum 1. Januar 2011 ließen die Zuwachsraten zusehends schrumpfen. Einige Airlines mussten bereits Insolvenz anmelden, andere strafften ihr Angebot und zogen sich aus bestimmten Abflugregionen zurück. Nicht wenige Randflughäfen, die gerade erst zu blühen anfingen, mussten erkennen, dass die Konzentration auf nur eine oder sehr wenige Fluggesellschaften schnell zu einer Abhängigkeit führen kann, die den Flughafen selbst in den Ruin führen kann.

Doch nun scheint die Sonne langsam wieder etwas heller zu strahlen. Nach den jüngst vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) veröffentlichten Herbstzahlen im „Low Cost Monitor 2/2012“ scheint das kleine Tal aus dem letzten Jahr durchschritten zu sein, denn die Low Cost Airlines melden wieder ein Plus – zumindest bei den angebotenen Strecken.

Demnach wuchs die Anzahl der europaweit angebotenen Low Cost Verbindungen im Jahr 2012 um sechs Prozent auf den neuen Rekordwert von 7.000 Strecken. Marktführer in diesem Segment sind – trotz aller negativer Berichte – die beiden Schwergewichte Ryanair und Easyjet, die es zusammen auf fast die Hälfte aller in Europa durchgeführten Low Cost-Flüge bringen. In Deutschland ist bei Air Berlin das größte Low Cost-Flugangebot zu finden, auch wenn hier die Abgrenzung nicht immer ganz einfach ist, da Air Berlin auch im klassischen Linienflugbereich aktiv ist und kürzlich erst der Luftfahrtallianz Oneworld beigetreten ist. Auf dem zweiten Platz in Deutschland in Bezug auf das Low Cost Flugangebot folgt nach den Zählungen der Experten des DLR die Fluggesellschaft Germanwings.

Insgesamt nutzten im ersten Halbjahr 2012 29 Millionen Passagiere die Angebote von Low Cost Airlines in Deutschland. Die Anzahl der angebotenen Strecken im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Low Cost Verkehr lag dabei bei 648 (plus 13 Strecken im Vergleich zum Vorjahr).