„Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor“, wird es immer mehr Besuchern Bremerhavens künftig durch den Kopf gehen, wenn sie an der Küste einen Spaziergang machen und zu der Silhouette des neuen „Atlantic Hotels Sail City“ hinaufblicken. Die 20-geschossige, insgesamt 147 Meter hohe Fassade der Urlauberherberge, die am heutigen Samstag eröffnet wird, erinnert in ihrer Form an ein aufgeblähtes Segel, das sich dem Meer zuwendet und damit an das berühmte Bujr-al-Arab Hotel im Wüstenemirat Dubai. Der Komplex ist Teil der „Havenwelten“, einem neuen Freizeitzentrum in Bremerhaven, das Kultur, Freizeit, Wissenschaft und Wirtschaft an einem Punkt vereinigen soll. Angesichts immer noch hoher Arbeitslosigkeit und der größten Geburtsrate bei Minderjährigen in der Bundesrepublik stehen die Bremerhavener dem Großprojekt allerdings eher skeptisch gegenüber.

Der Entwurf der Bremer Architekten „Klumpp Stadtplaner“ soll als ein dem Meer zugewandtes, aufgeblähtes Segel die maritime Bedeutung Bremerhavens als Tor nach Übersee hervorheben, heißt es in einer Pressemittelung über das Großprojekt. Sehr ähnliche „innovative“ Überlegungen hatten auch schon die Planer vom Luxushotel Bujr-al-Arab in Dubai vor einigen Jahren umgetrieben. Am heutigen Samstag können nach drei Jahren Bauzeit nun die ersten Gäste in das Vier-Sterne-Haus, das unmittelbar an der Küste Bremerhavens steht, einziehen. Eine 78 Meter hohe Aussichtsbrücke verbindet das Hotel mit der Innenstadt und erlaubt auch Besuchern, die nicht Gäste der Anlage sind, Rundblicke auf Meer, Hafen und Industrielandschaft.

Damit ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Gesamtkomplex „Havenwelten“ absolviert. Bis zu deren Fertigstellung im kommenden Jahr werden 300 Millionen Euro in das Großprojekt geflossen sein. Ein Hauptteil der Mittel stammt von Bund, der die immer noch strukturschwache Region damit unterstützen will. 1500 neue Arbeitsplätze sollen die „Havenwelten“ schaffen, zu denen auch das im vergangenen Jahr eröffnete „Deutsche Auswandererhaus“ gehört.

Doch die Bremerhavener begegnen dem neuen Zentrum in ihrer Stadt eher mit gemischten Gefühlen. Viele fürchten, dass durch die neuen Attraktionen nicht mehr Arbeit entstehe, sondern die bereits hohe Kluft zwischen Arm und Reich sich weiter vertieft. Das Geld solle ihrer Meinung nach lieber direkt an die Bedürftigen fließen. Wolfgang Hast, Vorsitzender der Selbsthilfegruppen-Organisation Tropf beklagt gegenüber spiegel-online: „Die Stadt baut eine gewaltige Kulisse auf, hinter der die Armen bloß versteckt werden sollen.“ Hinzu kommt, dass Bremerhaven noch immer in der Peripherie liegt und hauptsächlich durch die sechzig Kilometer weit entfernte Metropole Bremen lebt. Werden die Attraktionen der „Havenwelten“ in der heutigen Zeit genügen, um eine große Anzahl zahlungskräftiger Touristen in das einsame Gebiet zwischen Weser und Nordsee zu locken?