Schon mehrfach haben wir uns an dieser Stelle mit den zum Teil sehr emotional und hitzig geführten Diskussionen über eines der größten (geplanten) europäischen Bauprojekte der näheren Zukunft beschäftigt: dem Bau einer festen (Brücken-)Querung über den Fehmarnbelt. Trotz zahlreicher Proteste aus der Bevölkerung und von Umweltschutzverbänden und nicht wenigen skeptischen Meinungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Notwendigkeit einer solchen festen Verbindung hielten die Politiker sowohl auf dänischer als auch auf deutscher Seite lange an den Brückenbauplänen fest. Jetzt scheint diese Front zu bröckeln.

Aus Sicht der Politiker geht es dabei allerdings nicht um eine grundsätzliche Änderung ihrer Pläne, sondern vielmehr um einen Sinneswandel, dass eine bisher immer präferierte Brücke doch nicht mehr das Maß aller Dinge für die feste Querung des Fehmarnbelts ist. Mitte des letzten Jahres stellte nämlich ein Expertenteam aus mehreren Nationen eine alternative Möglichkeit vor: statt einer Brücke präferierte das Team den Bau eines Absenktunnels. Dieser wäre mit einer Länge von mehr als 18 Kilometern ebenfalls ein Megaprojekt und mit geplanten Kosten von knapp über fünf Milliarden Euro auch nur unwesentlich günstiger als die bisher veranschlagten 5,6 Milliarden für den Brückenbau. Bedenkt man, dass in der Vergangenheit kaum ein Großbauprojekt mit den vorab geplanten Kosten ausgekommen ist, wird die Endabrechnung am Ende sicher bei beiden Varianten um einige Hundert Millionen Euro höher liegen.

Viel wichtiger als der Kostenaspekt dürfte den Befüwortern des Baus bei dieser neuen Entwicklung jedoch sein, dass sie vielen Kritikern – insbesondere aus den Umweltreihen – einigen „Argumentationswind“ aus den Segeln nehmen, denn selbst das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung hält einen Tunnel für das kleinere Übel im Vergleich zu einer Brücke. Dennoch hält man hier auch weiter an der Zielsetzung fest, statt Tunnel oder Brücke auch weiterhin Fahrzeuge und Züge mittels Fähren von Fehmarn nach Lolland und umgekehrt zu transportieren.

Auch die Tourismusindustrie in der Holsteinischen Schweiz und an der Lübecker Bucht mit ihren zahlreichen Ferienorten werden weiter gegen das Projekt kämpfen, denn der sowohl mit Tunnel oder Brücke einhergehende Ausbau der Bahnstrecke für den Güterverkehr entlang der Urlaubsorte würde mit Sicherheit nachhaltig viele Feriengäste aus der Region vertreiben.

Auch wenn auf dänischer Seite zum Teil schon mit konkreten Fertigstellungsterminen kokettiert wird: entschieden scheint noch lange nichts. Weder ob die feste Querung überhaupt kommt und wenn ja, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt.

Wie auch immer letztendlich in dieser Sache von den Politikern (oder auch den Gerichten, die die zu erwartenden Klagen zu bewerten haben) entschieden wird: die Frage, ob die Milliarden für ein solches Projekt, bei dem unter dem Strich die Fahrtzeit zwischen Hamburg und Kopenhagen lediglich um eine Stunde (von vier auf drei Stunden) verkürzt wird, nicht sinnvoller eingesetzt werden können, bleibt sicher bestehen, vor allem dann, wenn auch noch die wirtschaftlichen Nachteile für die Tourismusbetriebe oder auch die Gefahren für die Natur und Tiere mit berücksichtigt werden.

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